Joseph-Maria-Lutz-Stipendiat 2018: Peter Zemla
Es war kein einfacher Entscheidungsprozess, aber dennoch eine eindeutige Wahl: Peter Zemla aus Bayreuth ist der Lutz-Stipendiat 2018.
Peter Zemla wurde 1964 in Bamberg geboren. Er studierte Germanistik und Philosophie in Erlangen, danach absolvierte er eine Ausbildung zum Journalisten. Zemla arbeitete als Redakteur u. a. bei ProSieben. Seit Ende der 90er Jahre ist er freiberuflich als Journalist, zuletzt als Texter tätig. Seit 2013 konzentriert er sich auf seine schriftstellerische Tätigkeit. Er lebt und arbeitet in Bayreuth und veröffentlichte Prosa und Lyrik in Zeitschriften und Anthologien. Sein Hörspiel „Mein Bruder“ war ein Gewinnerstück der Wettbewerbsreihe „Public Workshop“ des Bayerischen Rundfunks und wurde 2017 vom Bayerischen Rundfunk produziert und ausgestrahlt.
Mitte November 2017 endete die Bewerbungsphase für das Lutz-Stipendium. Die dreiköpfige Fachjury, bestehend aus dem Pfaffenhofener Schriftsteller und ehrenamtlichen Kulturreferenten Steffen Kopetzky, der Kultur-Journalistin Barbara Fröhlich und dem Theaterwissenschaftler, Dramaturgen und Philosophen Dr. Lenz Prütting, war lange damit beschäftigt, die vielen Bewerbungen zu sichten, um einen geeigneten Kandidaten aus den wieder knapp 60 Einsendungen aus ganz Deutschland auszuwählen. Jeder Bewerber hatte hierfür bis 15 Seiten Textprobe eingereicht, die alle der Sichtung und Prüfung bedurften.
Das Stipendium ist bekanntermaßen dazu bestimmt, Schriftstellern während ihres Aufenthalts in Pfaffenhofen die Möglichkeit zu geben, literarische Arbeiten zu beginnen, zu realisieren oder fertig zu stellen.
Die Wahl des diesjährigen Stipendiaten war eine, in einer Hinsicht außergewöhnliche Entscheidung: Peter Zemla ist Jahrgang 1964 und damit deutlich älter als die bisherigen Stipendiaten. Sein eingereichter Text, ein Auszug seines Romanprojekts mit dem Titel „Die Hinrichtung“, überzeugte dennoch die Jury voll und ganz aufgrund seines sprachlichen Duktus, der die Jury etwas an einen Schriftsteller mit derselben Heimatstadt erinnerte, an den Bayreuther Klassiker Jean Paul. Diese Lust am detailreichen und farbigen Erzählen verbunden mit einer feinen ironischen Note und einer selbstreflexiven Erzählweise war es, die letztendlich den Ausschlag für die Entscheidung gab. Denn diese Art des Erzählens schien der Jury bestens geeignet, einen "Zwischenfall" für Pfaffenhofen zu verfassen und dabei genaue Beobachtungen einzubringen und die Stadt damit literarisch fassbar zu machen.
Da Zemla der fünfte Lutz-Stipendiat war, lud die Stadt anlässlich dieses „halbrunden Geburtstags“ sowie der im Sommer stattgefundenen Paradiesspiele Anfang Juli alle bisherigen Stipendiaten und einige literarische Gäste zu einem Symposium ein. Beim vom Lyriker Nico Bleutge geleiteten Treffen diskutieren die Teilnehmer über verschiedene Themen und tauschten sich über ihre Arbeit aus. Am Samstag, 7. Juli, fand im Festsaal des Rathauses eine Abschlusslesung aller teilnehmenden Schriftsteller statt.
Drei Monate hat Peter Zemla als Lutz-Stipendiat im Flaschlturm verbracht, um schließlich am Freitag, den 27. Juli seinen Text über Pfaffenhofen "Herr Fürbringer, Herr Vobringer, Fortburger oder so ähnlich" dem Pfaffenhofener Publikum vorzustellen. In seiner Abschlusslesung erzählte er von einem in unterschiedlichsten Erscheinungen auftretenden Mann, einem Fremden und einer Art Schutzheiligen, der in einer Zeit von zwei Wochen in unterschiedlichsten Situationen auftaucht, aber nie genau erkannt werden kann. Durch kleine Gesten beeinflusst und verbessert er das Leben einiger Pfaffenhofener und hinterlässt so Spuren in der Kleinstadt. Ankerpunkt der Erzählung ist dabei die akribische Suche des pensionierten Oberstudienrats Wallner, einem leidenschaftlichem Ortschronisten, der die Suche nach dem hilfsbereiten Unbekannten in seinem „Wahrhaftigen Bericht über einige Vorkommnisse im April und Mai“, der in der Heimatkundlichen Schriftenreihe des Landkreises erschienen ist, zusammenfasst.
Viele Spuren von Zemlas Aufenthalt in Pfaffenhofen ließen sich im nachdenklichen Text erkennen, der mitunter auch mit leisem Vergnügen die skurrilen Bewohner der Kleinstadt schildert – Ähnlichkeiten sind sicherlich nicht ganz unbeabsichtigt. Es zeichnet sich aber auch ein Grundthema in Zemlas Schaffen ab: Die Beobachtung des Menschen in seiner Individualität und des Miteinanders der Menschen allgemein – für das er sich ab und an mehr Achtsamkeit und Würdigung der kleinen Momente des Glücks wünsche, so Zemla.
Mit Peter Zemla, der sich kurz vor seiner Abreise noch ins Goldene Buch der Stadt Pfaffenhofen eintrug, verließ der fünfte Lutz-Stipendiat Pfaffenhofen.