13 Brauereien für 2000 Einwohner
02. August 2024
Geschichte und Geschichten zu Bier und Brauwesen in Pfaffenhofen
Pfaffenhofen, das vor einem knappen Jahrhundert mit dem Slogan „Das Tor zur Hallertau“ warb, ist als Bestandteil des bis heute größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiets auch mit der großen Brautradition und dem Hopfenanbau unseres Raumes eng verbunden. Ein Blick zurück in die Entwicklung der Pfaffenhofener Bierherstellung zeigt die wechselvolle Geschichte dieses Berufszweiges, der wie viele andere Höhen und Tiefen durchlebte.
Erste Spuren der Bierproduktion in Pfaffenhofen
Die schriftlichen Quellen zur Stadtgeschichte fließen vor dem 17. Jahrhundert sehr spärlich. Nur sporadisch gibt es Hinweise auf die Bierproduktion in der Stadt. So ist erstmals 1395 das Bierbrauen in Pfaffenhofen urkundlich belegt. Da Met und Wein als Getränke bei der Bevölkerung wesentlich mehr verbreitet waren – Orts- und Flurnamen wie Weingarten im Norden der Stadt weisen auf früheren Weinanbau bei Pfaffenhofen hin – erfolgte das Brauen überwiegend für den Eigenbedarf.
Die erste Umsatzsteuer Bayerns leitet den Siegeszug des Biers ein
Klimatische Veränderungen im 16. Jahrhundert wirkten sich auf die bis dahin bestehenden Weinbauregionen und damit auch auf den Raum Pfaffenhofen aus. Der Wein gedieh in dieser Zeit wesentlich schlechter und die geringen Erntemengen sorgten für Knappheit an dem bis dahin sehr beliebten Getränk. Zugleich waren damals die bayerischen Landesherren, die gemeinsam regierenden Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X., in finanzielle Engpässe geraten. Über Steuererhebungen versuchten sie, die damaligen
Kriege gegen die nach Mitteleuropa vorrückenden Türken zu finanzieren, und dabei erließen sie im Jahr 1542 auch einen Aufschlag auf Wein. Diese erste Umsatzsteuer Bayerns sollte schließlich den Siegeszug des Biers einleiten, da der Wein für immer mehr Menschen unerschwinglich und der Gerstensaft eine beliebte Alternative wurde.
Die Pfaffenhofener Brauereilandschaft im 17. und 18. Jahrhundert
Dass es in Pfaffenhofen im 16. Jahrhundert bereits einige Braustätten gab, wird aus den
wenigen Dokumenten sichtbar, die Brauereibesitzer namentlich nennen. Im Streit um die umstrittene Brauereigründung in Ilmmünster Mitte des 16. Jahrhunderts ist von einem massiven Protest „der Pfaffenhofener Brauer“ die Rede, die sich solidarisch gegen die neue Konkurrenz stellten.
Über die 1597 einsetzenden Kirchenbücher können verschiedene Brauerfamilien namentlich nachgewiesen werden, wonach im 16. Jahrhundert zumindest acht Bräustätten in Pfaffenhofen bestanden.
Nach dem 30-jährigen Krieg (1618–1648) gab es elf Brauereien in der Stadt, davon allein sieben am Hauptplatz. Ihre Zahl stieg vorübergehend auf 13 an, als zwei weitere Brauereien, darunter die der seit 1719 hier ansässigen Franziskaner, entstanden.
Zwei von ihnen nahmen in diesen beiden Jahrhunderten einen starken Aufschwung. Die Brauerei von Anton Zunhammer am Hauptplatz (später Brauerei Amberger, Hauptplatz 12) entwickelte sich unter ihrem engagierten, aber gegenüber Bürgermeister und Rat wiederholt widerspenstigen Inhaber zu einem großen Betrieb. Der „Heimerbräu“ (heute Müllerbräu) wuchs unter der Bierbrauerfamilie Ziegler im 17. Jahrhundert ebenfalls zu einer der größten Braustätten in der Stadt heran. Insbesondere diese beiden Bierproduzenten konnten durch Grundstückszukäufe und über eine Verbesserung der technischen Ausstattung ihren Brauereibetrieb erweitern und verbessern.
Für das Pfaffenhofener Bier wurde damals jedoch noch nicht hiesiger Hopfen verwendet. Im Jahr 1820 wurden in Pfaffenhofen lediglich 39 Zentner Hopfen angebaut, in der Hallertau nur rund 200 Zentner. Die Hopfenaufzucht im heutigen Landkreis nahm erst im Lauf der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen spürbaren Aufschwung, als man die hervorragenden Böden für eine hervorragende Qualität entdeckt hatte und zu nutzen begann. Bis dahin kam der Hopfen überwiegend aus Böhmen, wo sehr gute Qualität angebaut wurde, und aus dem Raum Spalt in Mittelfranken.
Dreißigjähriger Krieg (1618–1648) und die „Stadt ohne Bier“
Der Dreißigjährige Krieg hinterließ auch in der Stadt Spuren der Zerstörung und großen Leids. Im Jahr 1629 herrschte in der Stadt wegen der drückenden Lasten an Steuern größte Armut. Die Bevölkerung stand kurz davor, in großer Zahl ihre Häuser zu verlassen. Die Bierbrauer sahen sich damals der Konkurrenz durch nahe Klöster ausgesetzt, die „sich unterstehen, aus ihren Kellern aufs Land heraus, ja gar zu Seiten in die Stadt ihr Bier in Fäßln heimlich zu verkaufen.“
Die grassierende Pest, durchziehende und plündernde Soldaten und Hungersnöte prägten die Zeit der zwei feindlichen Einfälle in den Jahren 1632 und 1646. Damals herrschte auch Mangel an Grundnahrungsmitteln und nicht zuletzt an Braun- und Weißbier sowie dem für die Bierproduktion benötigten Getreide. So reisten der damalige Bürgermeister und Bierbrauer Andre Crammer und sein Ratsmitglied, der Brauer Thomas Wohlhör, bis nach Straubing und weiter nach Böhmen, um von dort das dringend benötigte Getreide einzukaufen. Nach ihrer Rückkehr nach Pfaffenhofen konnte wieder gebraut und die „Stadt ohne Bier“ mit dem beliebten Getränk versorgt werden.
Optimale Bierversorgung im 18. Jahrhundert
Und die Zeiten des Biermangels und der Bierknappheit waren endgültig vorbei. Im Jahr 1768 lagerten in den Holzfässern von zehn Pfaffenhofener Braustätten 275.000 Liter Bier, die Versorgung der knapp 2000 Pfaffenhofener war damit gesichert. Der Magistrat achtete seit dem Engpass im 17. Jahrhundert stets auf einen ausreichenden Vorrat an Gerstensaft. Die größten Brauereien waren im 18. Jahrhundert der Müllerbräu, die Brauerei von Anton Zunhammer (später Amberger), der Bortenschlager und der Pfafflbräu. Manche der übrigen Brauereien kamen dagegen gerade so über die Runden, da sie kaum einen ausreichend hohen Absatz erzielen konnten, der über den Eigenbedarf hinausging.
Gefahren für das Brauwesen im 19. Jahrhundert
Die Befreiungskriege des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts brachten wiederholt große Bedrängnisse über die Bevölkerung, die Plünderungen und Gewaltverbrechen erdulden musste. Auch die Brauer waren von diesen Entwicklungen unmittelbar betroffen. So nahmen durchziehende französische Soldaten alle Biervorräte mit und raubten ihnen die Existenzgrundlage, einige der hiesigen Bierproduzenten erholten sich nicht mehr davon. Andererseits konnten sechs der elf Brauer bald wieder einen guten Geschäftsgang erzielen.
Als die königlich-bayerische Staatsregierung auf der Suche nach neuen Geldquellen zur Sanierung des maroden Staatshaushalts am 11. Februar 1811 jedoch einen hohen Malzaufschlag erließ, gerieten auch die größeren Brauereien in Schwierigkeiten. Der Aufschlag ließ den Bierkonsum im 1806 begründeten Königreich wie in der Stadt Pfaffenhofen einbrechen und trieb dadurch viele Bierbrauer in den Ruin. In der Folge waren Zwangsversteigerungen, wie es etwa beim Kramerbräu 1830 der Fall war, keine Einzelfälle.
Krisenzeit und Brauereisterben
Blieb die Zeit bis zur Eröffnung der Eisenbahnlinie München–Ingolstadt im Jahr 1867 wirtschaftlich stabil und brachte auch den Bierbrauern konstant gute Einnahmen, sollte im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eine Zeit des Umbruchs und der großen Unsicherheit im Geschäftsleben anbrechen. Zwangsversteigerungen landwirtschaftlicher Anwesen, Kreditskandale, Konkurse von Geschäftshäusern und eine Auswanderungswelle nach Nordamerika waren die Folge. Und auch die Pfaffenhofener Brauereilandschaft begann sich während und nach dem Ersten Weltkrieg (1914–1918) zu verändern.
Schon vor 1914 stellten Franzbräu, Jungbräu und Salverbräu die Bierproduktion ein. 1917 ging der Siglbräu in die Hände der Thomasbrauerei aus München über und mit der 1922 erfolgten Fusion der Brauereien Wohlherr, Pfaffl, Bortenschlager und Kramerbräu blieben noch vier Brauerein (Müller, Brauhaus, Amberger [bis 1970] und Steger [bis 1936]) übrig.
Bierkeller und Eisweiher – Lösungen für das Kühlproblem
Eine Herausforderung in früheren Zeiten ohne technische Hilfe war das Kühlen der Biere in der heißen Jahreszeit. Kühlmaschinen kamen erst im späten 19. Jahrhundert auf, sodass auch die Pfaffenhofener Brauer „natürliche“ Lösungen finden mussten, da die Sudzeit bis zum Jahr 1863 auf den Zeitraum von 29. September (Michaeli) bis 23. April (Georgi), zwei in früheren Jahrhunderten bedeutende Tage, begrenzt war. Das zur Kühlung benötigte Eis schlugen Brauereiarbeiter in großen Blöcken aus den Eisweihern an der Scheyerer Straße am heutigen Standort der Georg-Hipp-Realschule. Sie transportierten die schweren Blöcke mit Fuhrwerken, die kräftige Bräurösser zogen, zu den Kellern, in die sie das Eis durch Öffnungen auf Holzrutschen hinabgleiten ließen. In Pfaffenhofen geschah dies zum letzten Mal im Winter 1966/67. Dort blieb das eingelagerte Bier über die Sommermonate hinweg kühl, da die Brauer auf den Flächen über den Kellern schattenspendende Linden und Kastanienbäume anpflanzten. Diese dienten zunächst lediglich der Kühlung des eingelagerten Gerstensaftes, bald jedoch richteten die Brauer einladende Kellergärten ein, die die Bevölkerung in großer Zahl anlockten. Man ging bis in die 1930er Jahre meist in den „Keller“ und noch nicht in den Biergarten.
Bei den Kellern befanden sich auch Salettl und Tanzböden, Sommerhäuser und eine hölzerne Kegelbahn, sodass vor allem an Festtagen und zu besonderen Anlässen in den Kellergärten Hochbetrieb herrschte. Am längsten bestand der „Amberger Keller“, der noch bis zum Jahr 1989 geöffnet hatte.
Neue Impulse für das Brauwesen
Die einst dreizehn in Pfaffenhofen bestehenden Brauereien, von denen sich bis heute der Müllerbräu als Traditionsbetrieb am Markt behauptet hat, durchlebten eine wechselvolle Geschichte. Neben Zeiten des Aufstiegs und der Blüte sorgten Kriegs- und Krisenzeiten auch für das Ende vieler Braustätten. Mit dem Aufkommen der Craftbiere und der Errichtung von Kleinbrauereien hat dieses Gewerbe jedoch neue Impulse erhalten, die neben den etablierten Brauereien dazu beitragen, die Zukunft des bayerischen Nationalgetränks zu sichern.
Stadtarchivar
Andreas Sauer
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