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Buchtipps der Stadtbücherei

Buchtipps der Stadtbücherei

Alina Bronsky: Der Zopf meiner GroßmutterWas muss mit einem Menschen passiert sein, der so verbittert, misstrauisch und voller Vorurteile ist wie die Großmutter des anfangs sechsjährigen Jungen Maxim in Alina Bronskys Roman „Der Zopf meiner Großmutter“? Diese absolut herrschsüchtige Frau, die ihr komplettes Umfeld terrorisiert, bestimmt auch weitestgehend die Handlung des Romans. Nur langsam erschließen sich dem Leser die tiefergehenden Ursachen für das krankhafte Verhalten dieser Figur, für die man trotz wachsendem Verständnis bis zum Schluss nur schwer Sympathie entwickeln kann.

Mit ihrem Ehemann Tschingis und ihrem Enkel Max ist „die alte Margo“, wie sie sich selber nennt, aus Russland nach Deutschland ausgewandert und macht, dort angekommen, sich und anderen das Leben schwer. Ihr zwanghaftes Misstrauen gegenüber allem und jedem steigert sich zu einem Kontrollwahn, überträgt sich auf ihren Enkel und schafft so zwischen den beiden eine sehr befremdlich wirkende gegenseitige Abhängigkeit. Die Auswanderung nach Deutschland kann nach Überzeugung der Großmutter nur schiefgehen, auch wenn es ihre eigene Idee war – oder gerade deswegen? Genauso kann ihrer Ansicht nach aus ihrem Enkel Maxim niemals etwas werden. Ihm schreibt sie von Anfang an jegliche Fähigkeiten ab und hängt ihm alle möglichen Krankheiten und Störungen an : „Chronische Bronchitis, chronische Sinusitis, chronische Gastritis, mittelgradige Myopie, vegetative Dystonie, Allergie, verminderter Wuchs, Nuscheln, verlangsamte Reflexe, verlangsamte kognitive Entwicklung, frühkindliches Trauma“. Nur eigenartig, dass keiner der deutschen Ärzte ihr diese Diagnosen bestätigen möchte. „Ich sag dir was, Mäxchen: Das ist das schlechteste Zeichen“.

Dass es trotzdem extrem amüsant ist, diese Familiengeschichte zu lesen, liegt am humorvollen, originellen und mitreißenden Schreibstil, den man von Alina Bronsky auch schon aus ihrem Roman „Baba Dunjas letzte Liebe“ (nominiert für den Deutschen Buchpreis 2015) kennt. Durch die überspitzte Darstellung der Figuren und Situationen, die man beim Lesen oft bildhaft vor sich sieht, gelingt es ihr, ein Gleichgewicht zwischen augenzwinkerndem Humor und erschreckender Abgründigkeit herzustellen. Der Roman lässt sich leicht an einem Nachmittag lesen, weil man ihn nicht so leicht aus der Hand legen kann. Traurig und gleichzeitig absolut überzeugend, dass die Hauptfigur ihrem Charakter bis zum Ende treu bleibt.

Elisabeth Brendel, Stadtbücherei

Steve Small: Mit dir ist sogar Regen schön (Bilderbuch für Kinder ab 3 Jahren)Eine wasserscheue Ente überwindet durch die Freundschaft zu einem Frosch ihre Ängste

Ente mag kein Wasser. In keiner Form. Das ist ungewöhnlich - und deshalb wird sie von den anderen Tieren auch argwöhnisch beäugt, wenn sie so ganz enten-untypisch mit ihrem Boot übers Wasser schippert. Immer in voller Regenmontur mit Cape, Hut und Gummistiefeln und natürlich niemals ohne den obligatorischen Regenschirm. Man weiß ja nie … Zum Glück hat Ente ihr sicheres Holzhaus, das hoch auf Stelzen über dem Teich liegt. Dorthin bringt sie sich beim kleinsten Regentropfen in Sicherheit. So hat Ente sich ihr Leben zwar etwas zwanghaft, aber dennoch ihren Bedürfnissen entsprechend perfekt eingerichtet. Bis eines Nachts durch ein Loch im Dach ihres Hauses der Regen eindringt und sie dadurch Bekanntschaft mit einem Frosch macht. Einem ganz gewöhnlichen, das Wasser liebenden Frosch, dem sie in dieser stürmischen Nacht ein Schlafquartier anbietet. Schon ist das Loch im Dach nicht mehr ganz so bedrohlich und die Geschichte einer besonderen Freundschaft nimmt ihren Anfang.

Dieses herzerfrischende Bilderbuch lebt von der Einfachheit der Illustrationen, die dennoch eine erstaunlich große Aussagekraft besitzen. Allein die Augen der dargestellten Tiere sprechen für sich und zeigen, dass Steve Small sein Handwerk als Illustrator bis ins Detail beherrscht. Die kurzen Texte passen punktgenau zu den Illustrationen und konzentrieren sich auf das Wesentliche. So entsteht mit einfachen Mitteln ein rundum gelungenes Bilderbuch, das von einer ebenso gelungenen Freundschaft erzählt. Denn manchmal gibt ein Freund an der Seite doch mehr Sicherheit als die beste Regenausrüstung! Und was einmal bedrohlich war, verliert ganz langsam an Gewicht.

Elisabeth Brendel, Stadtbücherei

(Eine Rezension aus den „Buchprofilen“ des St. Michaelsbundes)

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