Die Hundertprozentigen
12. September 2024
Mit weniger gibt sich Pfaffenhofen nicht zufrieden: Man will den Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen decken – Sonne, Windkraft, Biomasse, Wasserkraft. Mit Strom, der direkt vor Ort erzeugt wird. Dezentral statt in Großkraftwerken. Selbstbestimmt, statt in Konzernhand. Wie steht es um die lokale Energiewende?
Das 100-Prozent-Ziel für erneuerbaren, lokalen Strom findet Zustimmung: Im Bürgerentscheid im Oktober 2016 war eine Mehrheit dafür, dass drei neue Windräder gebaut werden, um das Ziel zu erreichen. Bei der Bürgerbefragung im Juni 2024 befürworteten mehr als zwei Drittel der Befragten, dass der Strombedarf auch künftig komplett vor Ort und erneuerbar erzeugt werden soll – durch weitere Windräder und Photovoltaikanlagen in Bürgerhand.
Biomasse vor PV und Wind
Was heißt das konkret? Thomas Wiringer kennt die Zahlen: „108 Gigawattstunden Strom werden Haushalte und Gewerbe in Pfaffenhofen heuer wohl verbrauchen“, so der Stadtwerke-Vorstand und Geschäftsführer der Stromversorgung Pfaffenhofen. Drei Viertel davon könne aktuell vor Ort erneuerbar erzeugt werden. Größter Produzent mit einem Anteil von 40 Prozent ist das Biomasseheizkraftwerk von Danpower, das Strom und Wärme aus Hackschnitzeln erzeugt. Photovoltaik steuert 30 Prozent bei, Windkraft drei Prozent – noch. „Die drei Windräder im Bürgerwindpark sind fertig gebaut. Sie sollen Ende des Jahres in Betrieb gehen und Strom erzeugen“, so Andreas Herschmann, Vorstand der Bürger-Energie-Genossenschaft (BEG). „Der prognostizierte Jahreswindertrag reicht, um 6.300 Haushalte mit sauberer Energie zu versorgen.“
Weg von fossiler Energie
Damit wird Pfaffenhofen sein bilanzielles 100-Prozent-Ziel knapp erreicht haben – vorläufig. Denn laut Wiringers Zahlen wird 2030 im Stadtgebiet schon doppelt so viel Strom benötigt wie heute: für E-Autos statt Verbrenner, für Wärmepumpen statt Öl- und Gasheizungen. Sauberer Strom ist der Schlüssel, um von fossilen Energieträgern wegzukommen.
Eine neue Produktionsstätte ist bereits in Planung: das Heizkraftwerk Nord von Danpower. Es wird neben dem Klärwerk gebaut und vor allem Daiichi-Sankyo versorgen. Es handelt sich um ein Blockheizkraftwerk, zusätzlich nutzen Wärmepumpen die Abwärme aus dem Abwasser. Und der Rest? Fachleute haben für das städtische Klimaschutzkonzept berechnet, dass Photovoltaik-Anlagen auf allen geeigneten öffentlichen und privaten Gebäuden errichtet werden müssen. Mieter können mit einem Balkonkraftwerk beitragen. Hinzu kommen Solarcarports. Ebenfalls nötig: zusätzliche 50 Hektar an Freiflächen-Photovoltaik.
Anlagen in Bürgerhand
Bei der Windkraft sind sechs zusätzliche Anlagen bis 2030 erforderlich, ausgehend von der heute üblichen Anlagenleistung. „Es geht in eine wichtige Phase, wo Grundstücke gesichert werden müssen“, so Wiringer. Stadt, BEG und Stadtwerke möchten das Feld nicht externen Investoren überlassen. Neben dem 100-Prozent-Ziel wird ja angestrebt, dass die Anlagen in kommunaler bzw. Bürgerhand sind. Nur so könne man selbst bestimmen, sind sich die Verantwortlichen einig. Und die Gewinne nutzen allen, weil sie in den städtischen Haushalt zurückfließen bzw. weil sich Bürgerinnen und Bürger direkt finanziell beteiligen können.
Gerade wird regionsweit untersucht, welche Flächen grundsätzlich für Windkraft geeignet sind. Im Vergleich zur Landkreis-Planung von 2016 werden kleinere Neuordnungen erwartet. Konkrete Standorte sind noch nicht festgezurrt. Laut Bürgermeister Thomas Herker gibt es „Gespräche mit Nachbargemeinden, wo sich gemeindeübergreifend Realisierungen anbieten und im Zuge der Flurneuordnung Ehrenberg Überlegungen von Landwirten, gemeinsam mit der BEG Flächen zu realisieren.“
Solarparks vor dem Start
Bei den Freiflächen-Solarparks stünden laut Bürgermeister neben Vorhaben der BEG und Stadtwerke bereits private Investoren bereit. Die Stadt wolle aber zunächst einen Kriterienkatalog für eine verträgliche Ausweisung festlegen, u.a. um Abstand zur Bebauung zu regeln. „So wie wir keine Verspargelung wollen, soll es auch keine Komplett-Verspiegelung der Landschaft geben“, so Herker.
Damit das Stromnetz die zusätzlichen Einspeisungen verkraftet, muss es weiter ausgebaut werden. Der Netzausbauplan des Bayernwerks sieht vor, in den nächsten acht Jahren die Hochspannungsleitungen in der Region zu verstärken und das Umspannwerk Reisgang aufzurüsten.
Und wenn alle Bausteine ineinandergreifen, können die Pfaffenhofener sich wahrhaft als „die Hunderprozentigen“ in puncto Stromwende bezeichnen.
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