Bild von Hopenfeld Pfaffenhofen

Historisches Pfaffenhofen: Verborgene Winkel und Orte, die Geschichten erzählen

Hauptplatz ca. 1965 © Stadtarchiv Pfaffenhofen

Rathaus und Pfarrkirche als „Rahmen“ des Hauptplatzes

Der großzügige Hauptplatz von Pfaffenhofen mit den historischen Fassaden der Wirtschaften, Brauereigebäude und Kaufhäuser gilt als einer der schönsten Oberbayerns. Allein sieben Brauereien, mehrere Gastwirtschaften sowie einige besondere Handwerke wie die Lebzelterei oder eine Goldschmiede charakterisierten den Platz und die Wohlhabenheit seiner Besitzer. Im Osten und Westen schließen ihn das Rathaus und die Stadtpfarrkirche St. Johann Baptist sowie das „Haus der Begegnung“ ein.

Am östlichen Ende des Hauptplatzes stand bis 1865 die gotische Heiliggeistspitalkirche, die nach 1388 errichtet, 1803 säkularisiert und seitdem als Getreideschranne und Lager verwendet wurde. Wegen Baufälligkeit ließ man sie abbrechen, um dem neuen Rathaus im neugotischen Stil Platz zu machen. Nach dreijähriger Bauzeit, Geldmangel hatte für eine längere Unterbrechung beim Baufortschritt gesorgt, konnte es am 26. Mai 1868, dem 50. Jahrestag der Bayerischen Verfassung, eröffnet werden. In der Zeit des boomenden Hopfengeschäfts brachte man im Erdgeschoss Hopfenanfuhr und Hopfenwaage unter, nachdem die Stadt vier Jahre zuvor ein eigenes Siegel für Qualitätshopfen verliehen bekommen hatte. Architekt beim Rathausbau war Franz Xaver Beyschlag, der ein Schüler des bedeutenden Münchner Architekten Friedrich von Gärtner und unter ihm Bauleiter bei der Errichtung des Siegestores in München war.

Nach der Renovierung des Rathauses in den Jahren 2006 bis 2008, bei der die ursprüngliche Säulenhalle im Erdgeschoss wieder freigelegt wurde und der Festsaal sein ursprüngliches Aussehen erhielt, erstrahlt es wieder in frischem Glanz. Den Saal zieren die Darstellungen von vier bayerischen Königen und einige für die Geschichte von Stadt und Landkreis wichtige Wappenabbildungen in Rundfenstern.

Unmittelbar beim Rathaus bildet die Gastwirtschaft Müllerbräu eines der schönsten Gebäude im Herzen der Stadt. Im Jahr 1858 errichtet, erhielt es in den Jahren 1903 und 1904 seine prägende Jugendstilfassade. Früher befanden sich im rückwärtigen Bereich auch die Anlagen der letzten in Pfaffenhofen bestehenden Brauerei.

Eine Besonderheit stellt das Wachszieher- und Lebzelterhaus dar. Hier werden, wohl einzigartig in Deutschland, seit mehr als 400 Jahren das Wachsziehen, die Herstellung von Lebzelten und das Konditorwesen ausgeübt. Die Wachszieherei im ersten Stock lädt zu einer spannenden Zeitreise in dieses interessante Gewerbe ein. Im dortigen Museum sind alle für die Herstellung von Wachskerzen und Votivgaben erforderlichen Geräte und Utensilien zu sehen und lassen dieses traditionsreiche Handwerk spüren.

Woher hat die „Weilhammer Klamm“ ihren Namen?

Die beim Rathaus nach Süden führende schmale Gasse war Bestandteil der heutigen B13 die von Würzburg nach Eichstätt und Ingolstadt über den Hauptplatz weiter nach Süden in Richtung München und ins Voralpenland verlief. Noch bis in die 1970er Jahre hinein herrschte in der „Weilhammer Klamm“, wie die enge Passage am früheren Kaufhaus Weilhammer (heute Zirngibl) bezeichnet wurde, reger Verkehr in beide Richtungen. Den Namen „Weilhammer Klamm“ gaben ihr die ersten Münchner Autobesitzer zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Damals machten sich die ersten Autopioniere von München aus auf den Weg, um das Umland zu erkunden. Dabei nutzten sie die Hauptstraße von München über Pfaffenhofen weiter nach Norden. Hier war Fahren im flotten Tempo – damals 50 km/h – möglich, nur der Engpass bei der Einfahrt in den Pfaffenhofener Hauptplatz störte die motorisierten Reisenden.

Sie richteten, unterstützt vom Straßen- und Flussbauamt Ingolstadt als zuständiger Behörde, sogar einen offiziellen Antrag an den Stadtrat, die Häuser an der westlichen Straßenseite abzubrechen, um ein schnelleres Überqueren des Hauptplatzes zu ermöglichen. Doch die Idee wurde seitens der Stadt abgelehnt, weshalb die Autofahrer dem Engpass den Namen „Weilhammer Klamm“ (Bezeichnung eines engen Taleinschnitts) gaben.

Ein Sommerhaus mit „lebendigem Wasser“: Der Turm am Platzl

Der Gang durch die Weilhammer Klamm erlaubt nach wenigen Metern das Abbiegen entlang der Unteren Stadtmauer, wo die Bebauung noch den Verlauf der Befestigung erkennen lässt. Nach kurzer Zeit weitet sich das Areal und das „Platzl“, wohl der erste Stadtplatz, mit seinem alten Straßen- und Wegeverlauf öffnet sich. Ein besonderes Gebäude ist der im Volksmund als „Flaschlturm“ bezeichnete Bau (Platzl 2), der an die historische Stadtmauer angrenzend einen Durchgang überspannt und heute als Wohnung der Lutz-Stipendiaten dient, die mit einer literarischen Betrachtung Pfaffenhofens beauftragt werden und in dieser Zeit dort wohnen.

Als ursprünglich zum Sommerhaus ausgebauter Turm geht er auf die Idee eines im 17. Jahrhundert in Pfaffenhofen amtierenden Landrichters zurück. Dieser lebte am Hauptplatz und ließ sich am damaligen südlichen Stadtrand ein Sommerhaus bauen und im benachbarten Grünbereich, damals eine Attraktion, „lebendiges Wasser“ mit einem Springbrunnen installieren.

Am Platzl war auch das „innere Bad“ zu finden (Platzl 10). In einer Zeit, in der die meisten Häuser keine eigene Bademöglichkeit besaßen, bestand hier eine von zwei offiziellen Badeanstalten, wo der Legende nach auch Agnes Bernauer mit „ihrem“ Herzog Albrecht III. Aufenthalt gepflogen haben soll.

Vorbei am historischen Stadtturm an der Oberen Stadtmauer führt der Weg zum Kreisel an der Scheyerer Straße. Hier befand sich das 1883 abgebrochene Scheyerer Tor, eines von einst vier Toren. Dahinter ist das gelungen renovierte Balthasar-Kraft-Haus mit seiner kunstvollen Fassade zu sehen, wo der Namengeber im 19. Jahrhundert seine Werkstatt für Heilige Gräber und Lourdes-Grotten hatte.

Vorbei geht es am 1789 umgestalteten Mesnerhaus mit seiner ansprechenden Fassadengestaltung, dessen Zukunft ungewiss ist und das mit einer Initiative zur Sanierung und Überführung in Bürgerhand mit öffentlicher Nutzung erhalten werden soll. Weiter führt der Weg in Richtung Oberer Hautplatz, wo sich bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts in unmittelbarer Nähe zueinander vier Kirchen und Kapellen befanden.

Die Stadtpfarrkirche aus der Zeit des Wiederaufbaus des Marktes nach dem großen Brand von 1388 besitzt im Bereich des geosteten, zur Sonnenaufgangsseite hin ausgerichteten Turms noch romanische Elemente. Die im Inneren von ihrer Ausstattung aus der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg (1618–1648) geprägte Kirche ließ der Stadtpfarrer und Ehrenbürger Dr. Ludwig Kohnle (amt. 1913–1929) in den Jahren 1913/14 um zwei Joche (Bogenweiten) nach Westen verlängern. Dies wurde seinerzeit so sachkundig ausgeführt, dass bis heute keine Nahtstellen oder Brüche sichtbar sind.

An der Stelle des benachbarten, 1878 als Schulhaus von Pfaffenhofen eröffneten heutigen „Hauses der Begegnung“ (Hauptplatz 47) standen die prächtige marianische oder „Engelkapelle“, die Deckengemälde aus der Schule der Gebrüder Asam aufwies, und die kleine Seelenkapelle, die 1803 abgebrochen wurde. Vor dem Haus der Begegnung befindet sich eine Gedenkstele, die an Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg in den Jahren 1945/46 erinnert, an der linken Seite dokumentiert eine Installation die NS-Zeit in Pfaffenhofen.

Gegenüber der Stadtpfarrkirche entstand die von 1716 bis 1719 errichtete Klosterkirche der Franziskaner. Dieser Orden wirkte gut 80 Jahre in der Stadt, seine Konventangehörigen waren in der Bevölkerung sehr beliebt und wurden vom Stadtpfarrer zeitweise als Konkurrenz betrachtet. Die Ausstattung der Kirche ist noch aus der Bauzeit und weist Altäre mit Gemälden des Münchner Hofmalers Johann Caspar Sing auf. Der Hauptaltar zeigt eine Darstellung der Heiligen Sippe, die Deckenfresken schuf im Jahr 1952 der einheimische Künstler Michael Weingartner.

Am nordwestlichen Rand des Oberen Hauptplatzes prägen das prächtige Verwaltungsgebäude der Brauerei Müller aus dem Jahr 1891 und der benachbarte ehemalige Kellersaal den Platz. Hier stand schon ab Mitte des 19. Jahrhunderts ein Saal, der in den Jahren 1903 und 1904 erweitert wurde und damals das kunstvolle Eingangsportal erhielt, das heute die Besucher in das 2024 eröffnete „Neue Sudhaus“ einlädt.

Weltliches Zentrum am Hofberg und eine große Rauferei auf dem Hauptplatz

Unweit des kirchlich dominierten Oberen Hauptplatzes befand sich das Areal der weltlichen Herrschaft. Der geschichtsträchtige „Hofberg“ lag trotz seiner zentralen Lage nicht im Rechtsbereich der Stadt. Hier hatten die bayerischen Herzöge aus dem seit 1180 regierenden Geschlecht der Wittelsbacher das Sagen und legten einen burgähnlichen Herrschersitz an. Pfaffenhofen war im Hochmittelalter strategisch bedeutend und zum Sitz eines Landgerichts erhoben worden. Der Sitz der Landrichter am Hauptplatz war im geschichtsträchtigen „Schiltberg-Haus“ (Hauptplatz 41) mit seiner beeindruckenden Fassade zwischen dem ehemaligen „Bortenschlager“ und dem „Pfaffelbräu“.

Historisches Schmuckstück auf dem Areal des Hofbergs ist das stadtbildprägende „kurfürstliche Rentamt“ (Hauptplatz 20). Im Kern aus dem 16. Jahrhundert, hatte hier die Stadt bis zum Jahr 1803 ihr Rathaus, jedoch nicht zum Eigentum, sondern nur zur Miete. Als der Staat das Gebäude zurückhaben wollte, stand die Stadt ohne Amtssitz da und musste für mehrere Jahrzehnte in ein Bürgerhaus umziehen.

Unweit des alten Rentamts , im Bereich des 1863 erstmals angelegten und 1964 umgestalteten Marienbrunnens, kam es an einem heißen Sommertag 1858 zur „Dultschlacht“ von Pfaffenhofen, bei der auch die Treppe des Rentamts eine Rolle spielte.

Zahlreiche Menschen belebten damals den Hauptplatz, die große Hitze der Besucher sorgte für großen Durst und es floss reichlich Bier. Auch junge Burschen aus der Umgebung waren da und feierten ausgelassen. Ein Bauernsohn setzte sich im Übermut zwei Hüte auf und stellte sich breitbeinig vor den gerade über den Hauptplatz schreitenden Landgerichtsassessor Franz Birner. Dieser fühlte sich von dem Verhalten des Mannes bedroht und beging einen Fehler: Er schlug mit seinem Gehstock dem aufmüpfigen Mann die Hüte vom Kopf und sofort baute sich eine Gruppe junger Männer bedrohlich vor der Amtsperson auf, um ihrem Freund zu helfen. Birner geriet in Panik flüchtete sich auf die Treppe des Rentamts, rief von dort das Standrecht aus und rief nach Militär. Es begann sich Unruhe unter den zahlreichenden Menschen auszubreiten und eine Rauferei setzte ein. Sofort starteten Meldereiter in verschiedene Richtungen, um auswärtige Gendarmerie zu holen und die zunehmend eskalierende Situation zu beruhigen. Derweil tobte auf dem Hautplatz eine kräftige Keilerei, die von der Obrigkeit erst nach einiger Zeit beendet werden konnte. Die Rädelsführer und Anstifter, die selbst einige Prügel erhalten hatten, bekamen Gefängnisstrafen aufgebrummt.

Der „Stegerbräu“ – geschichtsträchtiges Schmuckstück an der Ingolstädter Straße

Ein kleines Stück nördlich des Hauptplatzes steht eines der ältesten Wohn- und Geschäftshäuser der Stadt. Der Stegerbräu , eine von einst elf Brauereien der Stadt, stammt aus dem 16. Jahrhundert und wurde möglicherweise im Jahr 1575 erbaut, in dem hier erstmals die Brautätigkeit nachgewiesen ist. Der Scheyerer Klosterrichter Balthes Frees richtete eine Brauerei ein, die bis zum Jahr 1936 Bestand hatte.

Das Gebäude erlebte in den 1890er Jahren eine turbulent verlaufende Versammlung der Sozialdemokratischen Partei und auch die Verhaftung des Mörders der Hüterstochter Anna Söhl. Der Täter hatte sich nach dem Verbrechen, das er beim Satzlhof in der Nähe von Wolfsberg begangen hatte, zur Stärkung zum Stegerbräu begeben, wo anderen Gästen denen sein blutiges Messer aufgefallen war, die Gendarmerie verständigten.

Entlang der Stadtmauer zum Hungerturm

In der Nähe des ehemaligen Brauereigebäudes passiert man zunächst das älteste „Tiny House“ Pfaffenhofens, das ehemalige Torwärterhaus beim hier befindlichen Ingolstädter Tor. Ihm gegenüber zweigt das Nussergässchen ab. Es verläuft entlang der ehemaligen Stadtmauer Richtung des einstigen, 1891 abgebrochenen Türltors und weiter zum Hungerturm . Dieser Turm am Stadtgraben ist der letzte verbliebene steinerne Zeuge der Stadtbefestigung, die im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts angelegt wurde. Im Jahr 1939 drohte dem Turm der Abbruch. Der Pfaffenhofener Kinobesitzer „Bewi“ Breitner plante auf dem Areal ein großes Lichtspielhaus, doch der Denkmalschutz ging vor und der Turm blieb stehen. Über die Frauenstraße, benannt nach der im Jahr 1833 auf Initiative verschiedener Bürger aufgestellten Marienstatue, geht es zurück ins Herzstück der Stadt, auf den Hauptplatz.

Andeas Sauer, Stadtarchivar

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