Bild von Hopenfeld Pfaffenhofen

Paula van Well zieht aus dem Flaschlturm aus

Paula van Well wohnte seit September im Flaschlturm und wurde nun offiziell verabschiedet. 
v.l.n.r. Bürgermeister Thomas Herker, Paula van Well und Kulturreferent Reinhard Haiplik © Lena Schwärzli, Stadtverwaltung

Paula van Well hat im Rahmen der Pfaffenhofener Lesebühne den im Flaschlturm entstandenen „Zwischenfall“-Text vorgestellt. In den letzten drei Monaten gastierte van Well dank der Förderung durch das Lutz-Stipendium in Pfaffenhofen und konnte sich so intensiv den eigenen schriftstellerischen Projekten widmen. Neben dem obligatorischen „Zwischenfall“-Text arbeitete van Well am Fortgang des aktuellen Romanprojekts „was wir voneinander haben“ sowie an einem Theaterstück und einem Kurzfilmdrehbuch.

Der schriftstellerische Fokus liegt bei van Well auf Prosa und Dramatik. Während des Bachelorstudiums an der Freien Universität Berlin hat Paula Produktionen an Theaterhäusern und in der freien Szene begleitet und befindet sich aktuell im Masterstudium am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien. Van Well veröffentlichte bereits in Anthologien und Literaturmagazinen und arbeitet derzeit am ersten eigenen Roman.

Der Festakt zur Abschlusslesung im Rahmen der Pfaffenhofener Lesebühne am 21. November wurde von Bürgermeister Thomas Herker feierlich eröffnet, danach gab Kulturreferent Reinhard Haiplik den anwesenden Zuhörerinnen und Zuhörern zunächst einen Einblick in die Geschichte des Lutz-Stipendiums und erläuterte den Zusammenhang mit dem Namensgeber Joseph Maria Lutz und dessen Roman „Der Zwischenfall“ (1930). Dabei betonte er auch die Wichtigkeit des Lutz-Stipendiums für die kulturelle Landschaft in Pfaffenhofen und darüber hinaus. Moderiert wurde die Lesung vom Juryvorsitzenden des Lutz-Stipendiums, Steffen Kopetzky.

Paula van Well eröffnete die Lesung mit einem Auszug aus dem aktuellen Romanprojekt „was wir voneinander haben“, der bereits im Januar die vierköpfige Jury überzeugte. Das Hauptsujet des Romans ist geschlechtsspezifische Gewalt in festen Beziehungen, wobei Zeit und Raum zwischen den 80er-Jahren in Wien und der Gegenwart in Berlin ein generations- und milieuübergreifendes Spannungsfeld eröffnen. Eine Hauptaussage gibt es laut van Well dabei nicht, muss es aber auch nicht. Vielmehr wird man beim Lesen gezwungen, sich selbst zu den vielfältig eröffneten Diskursen zu positionieren.

Aus Paula van Wells präziser Beobachtungsgabe und bildhafter Sprache erwuchs eine eigene Folge von „Dazwischenfällen“ – so der von van Well gewählte Titel: 25 Miniaturen, die Pfaffenhofen in feinen Momentaufnahmen sichtbar machen. Dabei spannte van Well den Bogen zwischen Romanprojekt und Schreibauftrag und ließ kurzerhand die Mutter einer Protagonistin in die Kreisstadt ziehen. Der Besuch der Tochter und ihrer Berliner WG-Mitbewohnenden, mit denen sie auch eine partnerschaftliche Beziehung verbindet, bringt die nötigen Reibungspunkte nach Pfaffenhofen: Aus ihrer außerstädtischen, teils queeren Perspektive bewegen sich die Figuren zwischen Gerolsbach, Hauptplatz und Volksfest und blicken mit neugierigem Abstand und reflektiertem Blick auf bayerische Traditionen – von Tracht, Dirndlschleifen-Codes und Steinheben bis hin zu lokalen Alltagsthemen wie der Leinenpflicht am Gerolsbach oder der Schönheit der Flusstäler. Im Aufeinandertreffen von großstädtischer Gegenwartskultur und bayerischer Verwurzelung entsteht der zentrale Spannungsbogen, der neue Sichtweisen auf die Stadt und ihre Rituale eröffnet. Die Miniaturen bestechen durch Paulas genaue und lakonische Sprache, teils zynischen Humor sowie die besondere Perspektive der Romanfiguren auf Pfaffenhofen. Auf diese Weise erfüllt sich die Erwartung der Stadt: van Well fängt die Pfaffenhofener Gegenwart in literarischer Form ein und hält ihr zugleich einen Spiegel vor.

Nach der Lesung nahm Paula van Well sich Zeit, Fragen aus dem Publikum zu beantworten und trug sich in das Goldene Buch der Stadt ein.

Damit endete offiziell der produktive Aufenthalt von Paula van Well in Pfaffenhofen. Die Förderung ermöglichte ruhiges Recherchieren und ein intensives Hineindenken in die Figuren, die selbst Pfaffenhofen erkunden durften. Ein großer Schreibtisch, ein ruhiger Arbeitsraum, vielfältige Unterstützung sowie die gute Anbindung an weitere Kulturorte machten den Aufenthalt besonders fruchtbar. Während dieser Zeit erhielt Paula van Well zudem das Ludwig-Harig-Stipendium 2025 (Saarland) – ein wichtiger Impuls in einer Phase, in der zwischen mehreren Projekten sowie zwischen Wien und Berlin neue Orientierungen entstanden, so van Well.

Für 2026 plant die Stadt unterstützt von der vierköpfigen Jury um Vorsitzenden Steffen Kopetzky erneut ein Aufenthaltsstipendium, das weiteren literarischen Stimmen Raum für konzentriertes Arbeiten in Pfaffenhofen bieten soll. Die Bewerbungsphase hierfür ist bereits beendet, die Jury befindet sich aktuell in der Auswahlphase.

Nähere Informationen zum Lutz-Stipendium gibt es unter: pfaffenhofen.de/lutz-stipendium

Bitte klicken Sie hier, um den vollständigen Beitrag bei PAFundDU zu öffnen.